274.000 Kündigungen am Tag nach Einführung des neuen Mindestlohns

Tapas Bar

Viele Wirtschaftsexperten hatten die spanische Regierung davor gewarnt, dass die extreme Anhebung des Mindestlohns mehr Schaden als Nutzen stiften würde.
Die Kritiker versuchten dem Sozialisten Pedro Sánchez (PSOE) und seinen ultralinken Unterstützern von PODEMOS klar zu machen, dass eine Anhebung um 22% in keinster Weise durch die wesentlich geringere Produktivitätssteigerung gerechtfertigt sei.

Doch trotz aller Warnungen ist die Anhebung um 22% auf 900€ am 01.01.2019 in Kraft getreten.

Die Reaktion der Wirtschaft war eindeutig: allein am ersten Werktag im Neuen Jahr wurden in Spanien laut Arbeitsministerium 274.000 Kündigungen ausgesprochen. Im Jahr zuvor waren es im selben Zeitraum nur 176.000.

Es ist normal, dass auf dem spanischen Arbeitsmarkt jeden Tag tausende Arbeitsverträge geschlossen und aufgehoben werden. Doch so extrem viele Kündigungen wie zum Jahresbeginn 2019 hat es lange nicht mehr gegeben. In 2015, dem bisherigen Höhepunkt seit 2010, waren es 212.000, in 2011 sogar nur rund 57.000.

In Spanien sind rund 12% der Aktiven Bevölkerung, also rund 2,3 Mio. Personen, Mindestlohnempfänger. Dabei handelt es sich in erster Linie um junge Menschen, Immigranten und Geringqualifizierte.

Rein rechnerisch könnten all diese also von dem höheren Mindestlohn profitieren und an Kaufkraft gewinnen.

Doch bei einer Anhebung des Mindestlohn wirken diverse Kräfte, teils mit positiven, teils mit negativen Effekten. Da diese schwer zu quantifizieren sind, ist es ebenso schwierig, die Auswirkungen der Lohnanhebung vorherzusagen.

Die steigenden Lohnkosten könnten Unternehmen zwingen, Stellen abzubauen oder die Arbeitszeiten z.B. von 40 auf 30 Stunden zu verringern. Auch der Anreiz, Mitarbeiter in Teilzeit anzustellen und Überstunden „schwarz“ zu bezahlen, könnte steigen.

Kleine Unternehmen und Selbständige zahlen die Zeche

98,88% der Produktion in Spanien erfolgt in Kleinunternehmen. 95% der Unternehen in Spanien beschäftigen weniger als 10 Mitarbeiter.

Eine Business-School zieht eine typische spanische Bar mit 5 Mitarbeitern (Keller, Koch, Küchenhilfe, Tresenkraft, Reinigungskraft) als Beispiel heran: Die Anhebung des Mindestlohns bedeutet für das Unternehmen eine Steigerung der Lohnkosten um 4.000 bis 5.000€ pro Mitarbeiter und Jahr. Das bedeutet insgesamt 20.000 bis 25.000€ Mehrkosten pro Jahr.

Für ein Kleinunternehmen kann das das Aus bedeuten, wenn es nicht reagiert. Die zusätzlichen Kosten bedeuten ja nicht, dass die Bar entsprechend höhere Einnahmen erzielen kann. Der Lohnsteigerung steht keine Produktivitätssteigerung gegenüber.

Das Unternehmen könnte nun einen Mitarbeiter, z.B. die Reinigungskraft, entlassen und den anderen die Mehrarbeit aufdrücken. Oder es reduziert die offizielle Wochenarbeitszeit. Dafür könnte es die Öffnungszeiten reduzieren, was eventuell zu Umsatzeinbußen führt. Es könnte aber die Mitarbeiter zu Überstunden zwingen. Dies könnten unbezahlt sein oder „schwarz“ ausbezahlt werden.

In Industrieunternehmen wächst durch die zwangsweise Lohnerhöhung der Druck, die Produktivität zu steigern. Das könnte z.B. durch die Investitionen in Automatisierung erfolgen, die menschliche Arbeitskraft ersetzt.

Es ist also offensichtlich, dass eine derartige dramatische Anhebung des Mindestlohns, die sich nicht an der Produktivität orientiert, für den spanischen Arbeitsmarkt ein Schuss ins Knie sein kann.

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