Praktisch jedes Produkt, das auf Fuerteventura konsumiert wird, hat eine lange Seereise hinter sich. Egal ob Textilien, Baustoffe, Autos oder gar Lebensmittel und Trinkwasser. Nahezu alles wird per Schiff nach Fuerteventura transportiert.
Die Seewege sind quasi die Arterien, die Fuerteventura mit allem Lebensnotwendigen und auch nicht ganz so Wichtigem versorgen.
Da die Hauptwarenströme dabei zum größten Teil über die Hauptinseln, also z.B. Gran Canaria laufen, haben die Unternehmen auf Fuerteventura einen weiteren Nachteil. Sie haben quasi eine doppelte Insellage zu bewältigen. Schließlich müssen Seecontainer, die auf Gran Canaria ankommen, aber für Fuerteventura bestimmt sind, noch einmal umgeladen werden, um dann entweder auf einem Tieflader per Fähre oder auf einem kleinen Containerschiff ans Ziel zu gelangen.
Vor der Coronakrise galt die Faustregel: Der Seetransport von Gran Canaria nach Fuerteventura kostet noch einmal ungefähr genauso viel wie der Transport von China nach Gran Canaria.
Da von Fuerteventura aus praktisch nichts exportiert wird, müssen die Container leer wieder nach Gran Canaria zurückgeschickt werden, um dort wieder in die weltweiten Warenströme integriert zu werden. Auch das ist mit zusätzlichen Kosten verbunden.
Durch Corona ist auf Fuerteventura alles noch viel komplizierter und vor allem teurer
Auf einer Insel, deren Warenversorgung vom Seeverkehr abhängt, hängen natürlich sowohl die Verfügbarkeit als auch die die Preise sämtlicher Produkte direkt von den Transportmöglichkeiten ab.
Die Preisentwicklung für den Transport von Seecontainern lässt sich am besten am sogenannte Shanghai Containerized Freight Index (SCFI) ablesen.
Während ein 20-Fuß-Seecontainer von China nach Europa vor Corona zwischen 800 und 1.000 US-Dollar kostete, liegt der Preisindex Anfang Oktober 2021 bei rund 4.600 USD.
Die Transportpreise haben sich also mehr als vervierfacht.
Die Gründe sind vielfältig, hängen aber hauptsächlich mit der Corona-Pandemie zusammen. Rund 90% des weltweiten Warenverkehrs erfolgt auf dem Seeweg.
In China waren einige der weltgrößten Containerhäfen durch Quarantänemaßnahmen lahmgelegt. Vor den Häfen stauten sich die Schiffe in langen schlangen und mussten ewig warten, bis sie beladen werden konnten.
Auch der Stau im Suezkanal hat den Seeverkehr weiter ausgebremst.
In vielen Ländern der Welt hat sich mit der Entspannung der Coronamaßnahmen die Nachfrage sprunghaft erhöht. Die Leute holen teilweise den Konsum nach, den sie wegen der Pandemie nicht ausleben konnten.
Nach Fuerteventura kommen plötzlich wieder mehr Touristen, die natürlich versorgt werden müssen.
Die sprunghaft gestiegenen Nachfrage trifft auf eine noch teilweise paralysierte Logistikbranche.
Transportkosten bedrohen Fuerteventuras Ziegenkäse
Steigende Preise lassen sich auf Fuerteventura in vielen Bereichen beobachten.
Besonders hart trifft es z.B. auch die Ziegenbauern auf Fuerteventura, die den Rohstoff für den berühmten Ziegenkäse liefern. Da sowohl die Preise für Futtermittel als auch die Kosten für deren Transport gestiegen sind, können viele ihre Herden nicht mehr kostendeckend versorgen.
Ein zusätzliches Problem ergibt sich für die Käseproduzenten auf Fuerteventura auch auf der Absatzseite: Da noch immer relativ wenige Urlauber auf der Insel sind, wird auch in Supermärkten, Restaurants und Hotels weniger Ziegenkäse nachgefragt.
Ein Export dieses exzellenten Produkts ist aus ähnlichen Gründen schwierig: der Käse müsste in Kühlcontainern via Gran Canaria zu den potentiellen Absatzmärkten in Europa verschifft werden. Bei den aktuellen Transportkosten ist dies ein schwieriges Unterfangen.
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Was für ein Kommentar, danke Pit
Abhängigkeiten besonders von den totalitär geprägten Chinesen ist ein unglaubliche Gefahr für unser Europa. Der Klimanismus treibt den Vorgang noch an.
Klimanismus…. sehr interessantes Wort 😉
Was es wohl bedeuten soll…?
Es gibt doch noch Intelligenz hier 🙂
Hach, da juckt es mir als Logistikerin in den Fingern, zu versuchen, an dieser Lage etwas zu ändern 😉
Aber erst einmal: Vielen Dank für den sehr gut recherchierten Artikel, der die Lage tatsächlich sehr gut beschreibt.
Was die Logistikkosten der Kanaren, speziell Fuerteventura, betrifft, kann ich nicht wirklich etwas dazu sagen, denn dafür fehlt mir die Detailkenntnis in dieser geographischen Ecke. Aber wenn die Seefracht nach CG so viel teurer geworden ist, plus gleichzeitig die Seefracht von GC nach FUE genau so viel kostet, wie die Seefracht nach GC, dann würde ich tatsächlich mal einen Vergleich fahren, ob sich nicht doch die Luftfracht rechnet, beispielsweise als Beiladung in Passagiermaschinen aus Europa.
Gerade für Lebensmittel und Kühlprodukte wäre das vielleicht eine Alternative. Dazu müsste ich die genauen Zahlen kennen, denn auch die Luftfracht dürfte sich verteuert haben, weil viele Unternehmen von See- auf Luftfracht umgeschwnkt sind, vor allem als die Havarie der „Ever Given“ den internationalen Seeverkehr quasi lahm legte.
Sehr spannendes Thema…
Ich bin der Meinung, dass sich die höreren Kosten bereits in diesem Jahr als auch in 2022 in den spürbar gestiegenen Pauschalpreisen bemerkbar machen, so dass sich der klassische Fuerte-Tourist evtl. umorientiert (Türkei, Ägypten usw.), was auch nicht im Sinne der Hotelbetreiber sein kann.
Dann geh doch in die Türkei. 🙂