Fuerteventuras Wasserversorgung: Bürger in Costa Calma klagen seit Wochen über Lieferprobleme

Wasserproblem-Costa-Calma-Fuerteventura

Ein Leben ohne regelmäßige Wasserversorgung ist in einem zivilisierten Land kaum noch vorstellbar.

Die Einwohner auf Fuerteventura müssen jedoch in vielen Gebieten seit Jahren, teils seit Jahrzehnten, mit den Folgen einer von den zuständigen Institutionen völlig vernachlässigten Infrastruktur leben.

Marode Wasserleitungen, undichte Speichertanks, ständig ausfallende Pumpstationen und veraltete Meerwasserentsalzungsanlagen gibt es praktisch auf ganz Fuerteventura.

Die Inselregierung (Cabildo) hat immerhin vor rund zwei Jahren erkannt, dass es auf Fuerteventura dringenden Handlungsbedarf bei der Wasser-Infrastruktur gibt. Im April 2020 hat man den Wassernotstand ausgerufen und versucht seitdem, mit Millioneninvestitionen im Eilverfahren zumindest die größten Probleme in den Griff zu bekommen.

Bürger müssen ihre Rechte vor Gericht erkämpfen

Während die Inselregierung (Cabildo) für die Wasserinfrastruktur zwischen den Ortschaften zuständig ist, ist es Sache der Gemeinden, die Infrastruktur, wie z.B. das Wasserleitungsnetz innerhalb des Gemeindegebietes zur Verfügung zu stellen und für dessen Wartung und Reparatur zu sorgen.

Hier erweist sich jedoch nicht selten als Fallstrick, dass die Erschließung von Baugebieten in Spanien üblicherweise durch sogenannte private „Urbanisationen“ erfolgt. Dabei erstellt der Erschließungsträger, meist ein privates Unternehmen, auf den entsprechenden Grundstücken die gesamte Infrastruktur wie Straßen, Kanalisation, Wassernetz, Grünanlagen usw.

Die Erstellung der Infrastruktur erfolgt nach Plänen, die zuvor vom Bauamt der Gemeinde genehmigt wurden. Außerdem ist die Gemeinde für die Kontrolle der ordnungsgemäßen Bauausführung zuständig.

Wenn die Infrastruktur vollständig fertiggestellt ist, wird diese anschließend von der Gemeinde übernommen. Ab diesem Moment ist die Gemeinde für die Wartung zuständig und auch dann erst dürften die resultierenden Baugrundstücke bebaut werden. Auch die Erhebung von Grundsteuern ist erst ab diesem Moment möglich.

Auf Fuerteventura hat dieses System nie richtig funktioniert. Viele Bauträger waren nicht in der Lage, die Infrastruktur aus eigener Kraft zu finanzieren und innerhalb der vorgesehenen Fristen fertigzustellen.

Die Gemeinden haben Baugenehmigungen erteilt, bevor die Erschließung erfolgt war, weshalb sich so mancher Gemeinderat sich heute noch vor Gericht verantworten muss.

In der Gemeinde Pájara im Süden von Fuerteventura wurde diese Nachlässigkeit der Gemeinde für die Einwohner, aber auch der Gemeinde selbst zum Verhängnis.

Viele Urbanisationen wurden nie offiziell von der Gemeinde übernommen, jedenfalls nicht freiwillig.

Die Einwohner der Urbanisation La Pared waren die ersten, die erfolgreich gerichtlich feststellen ließen, dass die Gemeinde die Urbanisation stillschweigend übernommen hatte und somit für die Infrastruktur zuständig ist.

Auch in der Urbanisation „Cañada del Rio“ in Costa Calma konnte der Erschließungsträger FuertCan ein ähnliches Urteil erkämpfen. Auch nach diesem Urteil ist die Gemeinde für die Infrastruktur, also auch für das Wassernetz zuständig.

Eigentlich sollte dieses Urteil auch für die Einwohner von Costa Calma eine gute Nachricht sein. Schließlich ist nun der jahrelange Streit zwischen Gemeinde und Fuertcan vorbei, und so sollten auch die ständigen Defekte an den Wasserleitungen und die absterbenden Grünanlagen der Vergangenheit angehören.

Wasser nur noch nachts

Für die Einwohner in Costa Calma hat das Urteil jedoch unerwartete Folgen. Viele Wohnanlagen unterhalb der Hauptstraße werden nur noch nachts mit Wasser versorgt. Von 22 bis 10 Uhr „läuft das Wasser volle Düse“, erklärt uns ein Anwohner der Anlage Solymar Paraiso. Bewohner anderer Anlagen reden von einer Zeitspanne von 22 bis 7 Uhr, in der wenigstens etwas Wasser kommt.

Und so müssen die Bürger ihr Leben mit Stapeln von ungewaschener Wäsche, stinkenden Toiletten und vertrocknenden Pflanzen organisieren. Manch einer muss Freunde besuchen, um zu Duschen.

Anstatt einer Lösung des Problems bekommen die Bürger, die „seit Wochen“ ohne stabile Wasserversorgung auskommen müssen, von den involvierten Parteien nur gegenseitige Schuldzuweisungen.

FuertCan, das Unternehmen, das in Costa Calma die Meerwasserentsalzungsanlage betreibt und das Wasser liefert, sagt, dass die Gemeinde für die Reparaturen am Wassernetz zuständig ist.

Die Gemeinde sagt, sie könne trotz des Urteils nichts machen, weil FuertCan die „Dokumentation“ zum Wassernetz nicht herausgegeben habe. So wisse man nicht, wo die Leitungen verlegt sind und wo sich Absperrventile befinden.

Die betroffenen Einwohner können darüber nur müde lächeln, schließlich könne man in Costa Calma überall mit eigenen Augen beobachten, wo das Wasser aus dem Boden quillt.

Auf telefonische Nachfrage bei der Gemeinde hat man uns bestätigt, dass man bei Gericht beantragt habe, FuertCan anzuweisen, die Unterlagen herauszurücken.

Gregorio Pérez, Inhaber von FuertCan, hat in einem Fernsehinterview behauptet, dass es sich „um eine Reparatur von 30 Minuten“ handele. Er selbst bezeichnete sich als „Opfer“, weil er selbst in einer der betroffenen Anlagen in Costa Calma wohne.

Bei den Bürgern muss der Eindruck entstehen, dass sie einmal mehr zum Spielball politischer Interessen geworden sind. Es ist schon sehr dreist zu behaupten, die Reparatur könnte in 30 Minuten erledigt sein, und dann nicht die Größe zu haben, diese Reparatur auch tatsächlich durchzuführen. Viele Betroffene hätten sicher kein Problem, für eine halbe Stunde einen Klempner zu beauftragen, wenn danach das Wasserproblem gelöst wäre.

Wenn das Wasser nur tagsüber abgestellt wird, nachts aber „volle Düse“ läuft, erscheint die Behauptung, das Wasser könne wegen eines Schadens am Netz nicht geliefert werden, äußerst fragwürdig. Repariert sich der Schaden in der Nacht von allein?

Es muss wohl eher so sein, dass das Wasser tagsüber absichtlich abgestellt wird. Immerhin hat FuertCan Wasserlieferverträge mit den Anwohner abgeschlossen. Die absichtliche Nichtbelieferung am Tage dürfte ein Vertragsbruch sein, insbesondere dann, wenn die Wasserlieferung nachts technisch dann doch möglich ist.

Mitverschulden der Eigentümergemeinschaften

Unsere Recherchen haben ergeben, dass die betroffenen Anlagen (Solymar Jasmin, Solymar Paraiso, Jardín de Costa Calma und Jardín de Fuerteventura und möglicherweise noch weitere) entweder über keinen eigenen Wasserspeicher verfügen oder vorhandene Wasserspeicher schon vor Jahren außer Betrieb genommen haben.

Die Baunormen in Pájara schreiben vor, dass jeder Haushalt über eine Wasserreserve von 500 Litern und über eine Pumpe zur Druckerzeugung verfügen muss.

Da offenbar zumindest nachts ausreichend Wasser geliefert wird, könnten private Reservetanks in den Eigentümergemeinschaften die Wasserversorgung rund um die Uhr sicherstellen.

Eigentümer in Anlagen mit funktionierenden eigenen Wasserspeichern haben uns bestätigt, dass sie das zeitweise Ausbleiben der Wasserlieferungen gar nicht mitbekommen.

Nun rächt es sich, dass in mancher Eigentümergemeinschaft der rechtswidrige Beschluss gefasst wurde, die gesetzlich vorgeschriebene Wasserreserve außer Betrieb zu nehmen.

Versammlung am 11. Mai 2022 in Costa Calma

Am 11. Mai 2022 soll am/ beim Fußballplatz in Costa Calma um 17:30h eine Versammlung zur Wasserproblematik stattfinden. Der Bürgermeister von Pájara hat uns gegenüber am frühen Nachmittag des 11. Mai 2022 geäußert, dass er zu keiner Veranstaltung eingeladen worden sei. Ihm sei auch nicht bekannt, dass eine Veranstaltung angemeldet wurde.
Am 10. Mai 2022 hatte die Gemeinde Pájara verkündet, dass man eine einstweilige Lösung mit FuertCan getroffen habe und die Wasserprobleme der Anwohner damit vorerst gelöst seien.

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15 Kommentare

  1. Danke stef du sprichst mir aus der Seele. Sind gerade das 2 mal umgezogen, aufgrund der Wasserversorgung. Nach 30 Jahren costa calma,, das wars. Haben klaglos den Dreck, und die Unfähigkeit der Gemeinde hingenommen und geglaubt es wird irgendwann besser, aber hier passiert absolut nichts. Einfach nur schade, für diesen ehemals schönen Ort.
    Zum Glück gibt es Orte wo der Urlauber noch gut behandelt wird. Alles Gute für Fuerteventura.

  2. Ist ja Unglaublich, wir schreiben das Jahr 2022! Und in einem touristisch erschlossenen Teil Spaniens gibt es kein Trinkwasser? Wir reden nicht über ein afrikanisches Dorf irgendwo in der Sahelzone oder in der Sahara. Wir reden über einen Teil Europas mit all seiner fortschritlichen Technologie! Das ist mal echt traurig! Wenn ich schon die abenteuliche Verlegung der Wasserleitungen in Form von schwarzen Kunststoffrohren, auch noch oberirdich in der Sonne liegend, sehe und mir die ganzen privaten super gewarteten keimfreien privaten Wasserreservoairs vorstelle, weiß ich warum ich mein Wasser im Supermarkt kaufe 🙂 Gibt es in ganz Spanien wirklich Niemanden der eine Wasserversorgung für ein überschaubares Gebiet planen und projektieren und bauen kann? Das kann ich mir ehrlich gesagt kaum vorstellen. Ich finde solche Themen bedürfen der gleichen Aufmerksamkeit wie andere infrastrukturelle Erfordernisse wie Autobahnen, Glasfaser, Abwasser und med. Versorgung. (Trink)-Wasser von guter Qualität ist ein hohes Gut und sollte entsprechend gewürdigt werden, aber eben auch zur Verfügung stehen. Ganz besonders wenn ich so vom Tourismus abhängig bin wie die Kanaren. Wie gesagt, EUROPA Spanien 2022!

  3. Das Problem gibt es nicht nur im Süden, auch in Corralejo haben wir immer wieder kein Wasser in den Leitungen. Haben deshalb jetzt in jeder Toilette/Bad einen Eimer mit Wasser auf Vorrat stehen.

  4. Sehr spannend und für mich als Außenstehende unbegreiflich, wie man sich traut, mit solchen fadenscheinigen „Argumenten“ die Verantwortung von sich zu weisen.
    Und ich wünschte mir, dass die Jornalisti:nnen in besagtem Fernsehinterview den Herrn Pèrez einmal mit den recherchierten Fakten konfrontieren würden, um ihm richtig auf den Zahn zu fühlen.
    Wirklich unbegreiflich, dass er damit durch kommt…

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