Kriminalfall im Zusammenhang mit Wasserproblemen auf Fuerteventura?

Kriminalfall-Wasserversorgung-Fuerteventura

Kaum ein Thema betrifft die Einwohner auf Fuerteventura zurzeit mehr, als die ständigen Probleme mit der Wasserversorgung, deren Ursache in erster Linie die seit Jahrzehnten vernachlässigten und mittlerweile völlig maroden Rohrleitungen sind.

Allein in den letzten vier Wochen traten 4 Schäden an einer der Hauptwasserleitungen zwischen der Meerwasserentsalzungsanlage in Puerto del Rosario und den Hauptwasserspeichern bei La Herradura auf. In den letzten zwei Jahren wurden bisher 11 Schäden an diesem Leitungsabschnitt gezählt. Bis die neuen Rohre endlich verlegt sind, bleibt als sicher noch genug Zeit, das Dutzend vollzumachen.

Nun könnte zu den technischen Problemen infolge jahrelanger Vernachlässigung auch noch ein Kriminalfall hinzukommen. So sehen es zumindest Sergio Lloret und Juan Nicolás Cabrera, Präsident und Vizepräsident der Inselregierung von Fuerteventura.

Nachdem Lloret bereits vor etwa einer Woche öffentlich angekündigt hatte, Strafanzeige wegen der nicht autorisierten Manipulation von Absperrventilen des öffentlichen Wassernetzes erstatten zu wollen, haben die beiden diese Ankündigung am Dienstag, 09. Mai 2023, in die Tat umgesetzt.

In einer Pressemitteilung erklärte das Cabildo:

„Das Cabildo de Fuerteventura hat am 09. Mai 2023 bei der Guardia Civil die nicht autorisierte Manipulation des öffentlichen Wassernetzes angezeigt, das verschiedene Störungen in den Gemeinden Puerto del Rosario, Antigua und Betancuria verursacht hat.

Konkret handelt es sich um die Absperrventile des Wasserspeichers in Casillas del Ángel zwischen dem 10. und 16. April 2023. Dies habe zu einer Nichtversorgung der Bevölkerung geführt und die Wassermenge in drei Gemeindegebieten der Insel beeinträchtigt.

Das Cabildo stützt sich auf ein Gutachten der Abteilung für Wasserdistribution des CAAF, welches zu dem Ergebnis kommt, dass es sich nicht um einen gewöhnlichen Schaden am Wassernetz, sondern um eine Manipulation der Installationen des CAAF durch nicht autorisiertes Personal handelte.

Wasser fließt in einen seit Jahren nicht mehr genutzten Wasserspeicher

Durch die Öffnung eines Absperrventils, das eigentlich geschlossen sein muss, floss das Wasser rund eine Woche lag in einen alten Wasserspeicher in Casillas del Ángel, der laut Gutachten des CAAF, das der Redaktion der Fuerteventura-Zeitung vorliegt, nicht in Gebrauch ist und nicht Teil des Wassersystems des CAAF ist. Da dieser ungenutzte Speicher nicht abgedichtet ist, versickerte das Wasser ungenutzt.

Die Nachricht von der Erstattung der Strafanzeige wirft jedoch viele Fragen auf, auf deren Beantwortung die Redaktion der Fuerteventurazeitung noch wartet.

Das Gutachten wurde uns zwar auf Anfrage zur Verfügung gestellt, eine Kopie der Anzeige jedoch nicht.

Das Gutachten datiert vom 18.04.2023. Am 14. April stellt das CAAF laut Gutachten fest, dass auf der Leitung von den Hautspeichern in La Herradura nach Puerto del Rosario, Antigua und Bentancuria eine Durchflussmenge von etwa 15 bis 20 Kubikmetern pro Tag fehlt. Daraufhin machte sich Personal des CAAF hinter der Pumpstation von Jaifa auf die Suche nach dem Grund für den Wasserverlust und kontrollierte das gesamte Rohrnetz, bis es das manipulierte Absperrventil fand.

Die Frage ist nun, warum sich Lloret und Cabrera drei Wochen lang Zeit gelassen haben, um die Strafanzeige zu erstatten? Man sollte doch meinen, dass die Erfolgsaussichten, einen Täter zu ermitteln, umso größer sind, je früher die Polizei nach der vermeintlichen Tat die Ermittlungen aufnehmen kann.

Die zweite Frage, die von wesentlicher Bedeutung ist, aber weder in der Pressemitteilung noch im Gutachten beantwortet wird: Wie viel Wasser ist denn insgesamt tatsächlich verloren gegangen? Und mit welchem Betrag haben Lloret und Cabrera den Schaden in der Strafanzeige beziffert?

Nach unseren Berechnungen auf Grundlage der Angaben des Gutachtens dürften höchstens 140m³ „ins Leere“ geflossen sein (7 Tage x 20m³/d). Bei Produktionskosten von unter 2 Euro pro Kubikmeter beträgt der Schaden nicht einmal 300€, liegt also unter der Bagatellgrenze von 400€, die im spanischen Strafrecht für Sachbeschädigungen vorgesehen ist.

Auf die Frage, wie die Absperrhähne gegen Manipulation gesichert waren und ob der Täter Gewalt anwenden musste, um an die Ventile heranzukommen, haben wir bisher auch noch keine Antwort erhalten.

Sicher ist wohl, dass die vielleicht 140m³, die dort insgesamt verloren gegangen sind, kaum der Rede Wert sein dürften und weder in einem räumlichen, zeitlichen noch kausalen Zusammenhang mit den Wasserproblemen stehen, unter denen weite Teile der Bevölkerung von Fuerteventura seit Wochen zu leiden haben. Eine echte Chance, den Täter zu ermitteln, vor Gericht zu stellen und für seine Untat zu verurteilen, dürfte kaum bestehen.

So kurz vor den Wahlen ist es natürlich eine tolle Gelegenheit, die Wasserprobleme auf Fuerteventura einmal von einer anderen Perspektive präsentieren zu können und somit Erzählungen zu fördern, die behaupten, dass das Wasserproblem durch Sabotage-Aktionen (möglicherweise durch die Opposition?) verursacht wird.

Folglich nutzte auch die gesamte Regierung (die zurzeit aus nur zwei Personen besteht) die Gelegenheit, sich wegen einer eventuellen Straftat mit einem Schaden unter der Bagatellgrenze vor laufender Kamera vor dem Polizeirevier einfinden, obwohl die Anzeige genauso gut auch von einer einzigen Person hätte erstattet werden können,

Natürlich ist es absolut zu verurteilen, wenn jemand Absperrhähne manipuliert und damit die Wasserversorgung stört und dafür sorgt, dass kostbares Wasser ungenutzt versickert. Doch der Einsatz von Ressourcen (Präsident, Vizepräsident, Polizeibeamter, Staatsanwalt…) für die wahrscheinlich aussichtslose Verfolgung einer vom spanischem Strafrecht vermutlich als Bagatelle einzustufende Tat löst die echten Probleme der Bevölkerung in keiner Weise.

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